Montag, 21. Juli 2008

Bericht aus St.Antönien Juli 08








Wir
kommen
von oben,
vom
Berghaus Sulzfluh
wo uns Ernst Flütsch
und Käthi
beherbergen.

Vielen Dank.











Dort treffen Menschen aufeinander wie beispielsweise der Jubilar am
Mittwoch. Er kam von Australien angereist und feierte mit Freunden seinen 70er. Früher sei er als Kind mit den Eltern hier öfters in den Ferien gewesen.

Mark aus Luzern, dessen Großvater in St. Antönien gelebt hat und dann nach Schiers gegangen ist, um eine Landwirtschaft zu pachten und zu bewirtschaften. Der Vater sei dann in jungen Jahren nach Luzern gegangen und er selbst komme immer wieder herauf, kurz, um auszuspannen.

Oder die vier vom Samstagabend, auch sie kamen aus Luzern. Zwei davon hatten letzten Oktober hier oben ihre Hochzeit gefeiert, es sei ein sehr schöner Herbsttag gewesen. Und nun kamen sie wieder mit Freunden, sie waren auch bereits bei der Hochzeit dabei und nahmen damals ein Heublumenbad im Zuber neben der Hütte. Jetzt überlegen sie gerade, ob sie trotz Nebel eine Wanderung zum Tilisuna Fürggeli machen sollen.

Und das junge Pärchen aus Basel, es fuhr mit dem Motorrad von Lugano über S-charl im Engadin ins Partnun, um die Ruhe zu genießen. Sie erzählten uns, dass sie mit einem kleinen Funkgerät miteinander verbunden seien, damit sie sich auch unterwegs unterhalten können. Die Destination haben sie übrigens im Internet ausfindig gemacht.

Ganz anders ist es bei Ueli aus dem Berner Oberland. Er kennt die Gegend schon vom Schitourengehen. Im vergangenen März sei er mit einer SAC-Gruppe hier gewesen und war begeistert vom Schnee und Gelände. Warum er heute da ist, das hat aber einen noch anderen Grund. Er betreut vier Kollegen, die beim Swiss Bike Masters am Wochenende mitmachen, 120 km auf- und abradeln. Am Sonntagabend, wenn der Spuk vorbei ist, möchte er nochmals herauf kommen, essen, schlafen und sich erholen
.















Der Abdruck verbindet die Wege mit den Fußsohlen. Er verdankt sich der Berührung und verhält sich wie ein Kuss zwischen dem, der kommt und geht und dem, was ist und bleibt. Man spürt ihn, er tönt und ist plastisch wie ein Relief, Bild oder Objekt. Zudem sind Abdrücke Archive, sie verwahren, was man ergangen hat.











Abzweigung „Sulzfluh Höhlen“, der Wegweiser ist nicht zu übersehen. Wir gehen weiter über Karst und Wiesen, rechts hinüber. Dann steht da plötzlich die schwarze Tafel: Österreich.
Ringsum grün, unten ein kleiner See, ein Zollhäuschen, Stützen einer Materialseilbahn. Die Hütte steht gleich hinterm Eck. Apfelsaft auf der Terrasse. Ein Sherpa aus dem Solu Khumbu/Nepal spannt Sonnenschirme auf, einen nach dem anderen. Die Gäste bestellen Apfelstrudel mit Vanillesoße, Mineralwasser und Cola.
Es ist heiß. Neben uns ein älteres Ehepaar aus der Schweiz, dann eine junge Frau mit Hund, er sei schon zehn Jahre alt, rothaarig und an der Leine. Zwei Männer aus Deutschland mit Schistöcken und Karte. Wir bezahlen, stehen auf, nehmen den Rucksack und den Weg zur Sulzfluh. Nicht über den Klettersteig, ganz normal, zwei Stunden.








Am Gipfel der Sulzfluh, 16. Juli 2008, 13.49 Uhr.
Ursi, sie ist neun, steht schon oben, sie schickt eine SMS an ihren Vater und der Text lautet: Vor uns das Kreuz, hinter uns der Klettersteig. Sie war mit ihrer Mutter, die früher in St. Antönien gewohnt hat, herauf geklettert und dann blitzschnell über den Gamschtobel hinunter gesaust. Vorher hat die Mutter die Gipfel rundum erklärt, ganz hinten, sagte sie, dieser weiße da, der ist der Bernina.
In der Zwischenzeit sind auch noch andere angekommen, eine Frau aus Indien zum Beispiel, deren Begleiter, er ist vom Ort und will, dass sie ganz bis vor geht und dann hinunter schaut über die Wand. Doch der Pfad im Schnee ist etwas ausgesetzt, sie zögert, geht aber dann doch nach vorne und es scheint, als hielte sie beim Gehen den Atem an.

Jetzt ein großer Sprung über die Prättigauer Berge hinaus und hinüber zum Himalaya. Davon handelt ein Teil von dem, was auf der „Bühne“ des Schulhauses von St. Antönien am 19. Juli vorgetragen wurde. Der Abwart hat alles vorbereitet, bestuhlt, abgedunkelt und den Beamer bereitgestellt. Auch Manuela ist gekommen, zwar etwas müde vom Heuen, aber sie wollte sich das anhören, auch wenn sie, wie sie sagt, von der Kunst nicht viel versteht. Nur lesen, das tut sie oft und gern. Was es zu hören gibt, handelt vom Gehen, danach ein Gespräch mit den TeilnehmerInnen und der Ausklang bei einem Malanser im Gasthaus Rhätia.







Helga Peskoller St. Antönien, 19. Juli 2008


gehen
[1]

Die Annäherung an ein Übermaß hat drei Teile – Umriss, Fläche, Raum
[2] – und bezieht sich auf die Frage: Welches Leben? Unterstellt wird, dass angesichts des ausgewählten Gegenstands Menschen falsch messen, vermessen oder anmaßend sind und sein müssen. Ausgangspunkt ist einmal mehr die Natur. Sie arbeitet im Großformat (vgl. Peskoller 19993, 9), fasziniert über die Maßen und gibt im Gliedmaß den ersten Maßstab vor. Was meinem Denken vorausliegt, lässt sich auf die Kurzformel – kein Maß durch Messen, keine Messung ohne Maßeinheit – bringen, wobei die ins geheime Annahme lautet: Maß endet und entsteht in der Maßlosigkeit (vgl. Bataille 1975).




[1] Der Titel kam mit dem Plan, den Kailash zu umrunden. Dieser heiligste der Berge befindet sich in Tibet, misst 6 714 Meter und ist unbestiegen. Jahr für Jahr kommen unzählige Pilger, um sich niederwerfend, mit dem eigenen Leib den Berg zu vermessen. Diese Niederwerfungen wollte ich beobachten und kleinteilig beschreiben, um welche Art der Maßnehmung es dabei gehen könnte. Das alles sollte 7 Tage dauern, wobei meine eigene Umrundung wesentlich einfacher ausfallen würde, nur gehend im Stand ohne Niederwerfung. Eine touristische Ausmessung also, allein mit den Füßen, Kopf, Brust und Bauch berührt den Boden nicht, zumindest nicht freiwillig. Der Unterschied im Maßnehmen dieser zwei Fortbewegungsarten an einem speziellen Ort und in einer anderen Kultur sollte Gegenstand dieses Beitrags werden, dazu kam es nicht, der aber Titel blieb, er handelt vom Gehen i.S. von vermessen (vgl. Peskoller 2007).
[2] Mit dieser Gliederung setze ich meine Gedanken über das Unmögliche fort (vgl. Peskoller 2000) und bewege mich damit auf die Umkehrung jener Einteilung zu, die – auf Vilém Flusser bezogen – Dietmar Kamper dem anthropologischen Dreieck unterlegt hat (vgl. Kamper 2001, 15ff)

Umriss

Martina Tscherni, mount everest 8848m. Paustechnik, Graphit auf Bütte, 80 x 110 cm, 2003




Das ist ein Berg, über 200 Millionen Jahre alt, 2003 in 3 Stunden entstanden. „Als Laie,“ sagt die in Wien lebende Tiroler Künstlerin Martina Tscherni,[1] „könne man Berge nur über ihre Silhouette begreifen.“ Die Silhouette bedarf der Ferne. Auf Distanz, als weiche Kontur ohne jede materiale Last, verträgt das menschliche Auge die ungeheure Masse aus Stein, Eis und Schnee. Diese Verträglichkeit ist hier ins Bild gesetzt. Den Ort des Betrachters markiert die ziegelrote Linie an der Basis. Sie hält den x-fach verkleinerten Bergumriss in Schwebe und davon ab, auf und davon zu fliegen. Er ist, wie der Titel rechts unten auch – mount everst 8848m – keine Linie, sondern besteht aus vielen kleinen Punkten und erzählt die Geschichte zweier Verfahren der Übertragung: vermessen[2] und pausen.




[1] Martina Tscherni, 1963 in Hall i. Tirol geboren, studierte an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien (Tapisserie bei M. Rader-Soulek, Graphik bei E. Caramelle), zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland (u.a. Wien, Winterthur, Madrid, Toronto).
[2] „Sir, wir haben den höchsten Berg der Welt entdeckt,“ sagte 1852 Radanath Sikhdar zu seinem Direktor Andrew Scott Waugh, der als Nachfolger und zu Ehren von George Everest, welcher vor ihm die Leitung der indischen Landvermessung innehatte, dem höchsten aller Berge den Namen Mount Everest gab. Zwar stand dieser Berg auch vorher nicht namenlos herum, in Nepal nannte man ihn Sagarmatha, was man mit „Himmelsstirn“ oder „Göttin des Universums“ übersetzen könnte, während er in Tibet Chomolungma heißt, was ungefähr „Göttinmutter des Schnees“ bedeutet; für die größte aller Erhebungen hielt man ihn nicht. Aufgrund von Wolken und Nebel, welche die Sicht auf die Gipfel vom Tiefland aus erschwerten, wurden bis 1847 nur wenige Messergebnisse erzielt, aber 1849 konnte der „Peak XV“, wie ihn die Engländer vorher bezeichneten, erstmals mit einem Theodolit-Fernrohr angepeilt werden. Keiner der Beobachter schöpfte den Verdacht, dass es sich hier um eine Sensation handeln könnte. Die Aufgabe war nicht einfach, allein das Vermessungsinstrument hatte ein Gewicht von einer halben Tonne, zwölf Personen schleppten es durch unwegsames Gelände bis an den Fuß des Himalaya und bereits die Justierung nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Nach der Winkelbestimmung aus über 150 Kilometer Entfernung vergingen sieben Jahre bis die endgültige Triangulationsberechnung vorlag und die Berghöhe mit 29.002 Fuß, das sind 8.840 Meter, in die Karten eingetragen werden konnte. Im September 1992 stand man dann erstmals mit einer GPS-Ausrüstung auf dem Gipfel, die mittels Satellitensignalen ermittelte Höhe ergab 8.846,1 Meter; am 11. November 1999 hat schließlich der emeritierte Professor für Kartographie am Boston Museum of Science anlässlich eines Mount-Everest-Abends der National Geographic Society und des American Alpine Club Bradford Washburn die neu vermessene Höhe mit 8850 Meter bekannt gegeben. Das sind 2 Meter mehr als es in den meisten Atlanten, Karten, Statistiken und unter Tschernis Bild steht, diese Vermessung geht auf das Jahr 1955 zurück. Es würde sich lohnen, den Stellenwert der erstaunlich genauen Erstvermessung innerhalb der Geschichte der Kartographie zu bestimmen und darüber hinaus die merkwürdige Tatsache weiter zu klären, weshalb es nicht die formschönsten, zugänglichsten oder schwierigsten, sondern die jeweils höchsten Berge sind, auf die sich spätestens nach Bekanntgabe der ultimativen Höhe zuerst der Wettlauf richtet, das war beispielsweise beim Mont Blanc auch nicht anders (vgl. Peskoller 19993, insbes. 92 - 117).





Fläche


Anstieg bei Sturm auf Gletscher. Videostill aus: Everest.
50 Years on the Mountain. National Geographic, DVD 2003


Während Martina Tscherni mit dem Fahrrad die Hochebene Tibets durchquert, hält ein Filmteam auf der anderen Seite des Berges ein besonderes Ereignis fest: Jamling Tenzing Norgay und Peter Hillary, die beiden Söhne der Erstbesteiger von 1953, ringen, der eine im Basislager[1] und der andere am Berg, im Mai 2003, also 50 Jahre später um den Gipfel. Steilheit und Nähe lassen den Berg nicht mehr als eine Silhouette wahrnehmen, sondern verwandeln ihn in eine riesige Fläche. Der Wind streicht den Schnee über sie und macht ein Bild aus ihr, schwarze Punkte auf weißem Grund. Die Punkte schieben sich im Film höher und über das Bild hinaus. Zurück bleibt ein Datum mehr in einer Geschichtsschreibung der Rekorde. Sie beginnt mit dem Großprojekt der britisch-indischen Landvermessung im 19. Jahrhundert und setzt sich in Triumphen und Tragödien des 20. Jahrhunderts fort. Wissenschaft und Bergleidenschaft hinterließen zwischen 1921 und 1999 geschätzte 615 Tonnen Müll und jährlich kommen gut 60 Tonnen hinzu, von denen Freiwillige 10 Tonnen pro Jahr entsorgen. Die Müllentsorgung erschüttert auch die Heldenmythen. Am 1. Mai 1999 hat beispielsweise der Amerikaner Conrad Anker auf 8230 Meter Höhe in einer Mulde unter dem Nordostgrat die Leiche des englischen Lehrers George Mallory gefunden. Sein Körper ist relativ unversehrt geblieben, er lag auf dem Bauch und war am Boden angefroren. Für Reinhold Messner, der mit anregte, das olympische Feuer für 2008 in Peking über den Everest nach China zu tragen, ein Beweis mehr und auch weniger, dass der Gipfel nicht erst 1953, sondern bereits 1924 erstiegen wurde und zwar von Tibet aus (vgl. Messner 2000, insbes. 191ff). Mallory hätte dies vermutlich tun können, er war mindestens so vermessen wie es jene sind, die ihm nachfolgten.[2] Heute liegen an die 160 Tote irgendwo auf dem Gletscher herum und von der bislang 3000.sten Gipfelbesteigung, die man am Ende des Jahres 2006 registriert hat, nimmt die internationale Berichterstattung kaum noch Notiz (vgl. Peskoller 2008) Die Überschreitung aller Grenzen hat als ungewolltes Resultat eine Grenzenlosigkeit herbei geführt, die sich als Unterschiedslosigkeit äußerst und in krassem Gegensatz zur ursprünglichen Intention steht.



[1] J. T. Norgay hat den Everest bereits 1996 bestiegen (vgl. Norgay 2003) und stand der Jubiläumsexpedition von 2003 unterstützend bei.
[2] Internationale Meilensteine: Am 29. Mai 1953 erreichen Tenzing Norgay Sherpa (Nepal) und Edmund Hillary (Neuseeland) den Gipfel und zwar über den South Col, was in Folge zum „Normalanstieg“ wird; am 23. Mai 1956 stehen mit Jürg Marmet und Ernst Schmied (Schweiz) die ersten Europäer auf dem höchsten Punkt; am 25. Mai 1960 kommen Wang Fu Chou, Gonpa und Chu Ying Hua (China) erstmals über die Nordseite oben an; Junko Tabei (Japan) war am 16. Mai 1975 die erste Frau, die über den Normalanstieg den Gipfel erreichte. Die erste Besteigung ohne Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff gelang am 8. Mai 1978 auch über die Normalroute Reinhold Messner (Italien) und Peter Habeler (Österreich), wenige Tage später erreichte dann Franz Oppurg (Österreich) mit Sauerstoff, aber als erster allein den Endpunkt; am 16. Oktober desselben Jahres stand Wanda Rutkiewicz (Polen) als erste Europäerin oben. Die erste Winterbesteigung hat Krsztof Wielicki mit Leszek Cichy (Polen) durchgeführt und am 17. Feber 1980 standen die beiden auf dem Gipfel. Die erste Solobesteigung ohne künstlichen Sauerstoff verbucht am 20. August 1980 Reinhold Messner, er ist es auch, der als erster Mensch den Everest von beiden Seiten – Norden und Süden – und bestieg. Im Mai 1988 war eine Drei-Nationen-Expedition (Japan, China, Nepal) erfolgreich. Der erste Paraglide-Flug vom Gipfel fand durch Jean Marc Boivin aus Frankreich am 26. September 1988 statt. Am 7. Oktober 1990 erreichte mit Andrej und Marija Stremfelj (Slowenien) das erste Ehepaar gemeinsam den Gipfel. Die erste Frau, die den Berg auch von beiden Seiten erstieg (von Süden 1996 und von Norden 1999), war Cathy O´ Dowd (Südafrika). Vom 23. auf den 24. Mai 1996 stieg Hans Kammerlander in einem Zug in 17 Stunden allein vom Basislager zum Gipfel, um dann als erster mit den Schiern abzufahren. Die erste Abfahrt auf Schiern vom Gipfel ohne die Schier abzuschnallen gelang am 7. Oktober 2000 in 5 Stunden vom Gipfel zum Basecamp Davo Karnicar aus Slowenien. Marco Siffredi (Frankreich) absolvierte am 23. Mai 2001 in 2,5 Stunden die erste Abfahrt auf einem Snowboard über die Nordroute. Mit Tom Whittaker (USA) war am 27. Mai 1998 der erste gehbehinderte Mensch auf dem Gipfel, 2001 folgte Erik Weihenmayer (USA) als erster blinde Mensch. Als älteste Frau führte man zuerst Anna Barbara Czerwinska (Polen), sie stand am 22. Mai 2000 im Alter von 50 Jahren und 10 Monaten auf dem Gipfel, zwei Jahre später wurde dieser Rekord von Tama Wantanabe (Japan) gebrochen, sie war 63 Jahre und der älteste Mann war mit 65 Jahren Tomiyasu Ishikawa (Japan), beide erreichten gemeinsam im Mai 2002 ihr Ziel; Ishikawa hatte Sherman Bull (USA), der am 25. Mai 2001 im Alter von 64 Jahren den Gipfel erreicht hat, abgelöst. Am 22. Mai 2003 wurde dann dieser Rekord erneut überboten, weil Yuichiro Miura (Japan) im Alter von 70 Jahren oben ankam und zwar gemeinsam mit seinem Sohn Gota Miura (vgl. zur Everestgeschichte u.a. auch Messner 1981 und 2003).
Nepalesische Höchstleistungen: Der erste Einheimische, der fünfmal am Gipfel stand, war Sungdare Sherpa; erstmals ohne künstlichen Sauerstoff waren Mingma Norbu und Ang Dorje Sherpa 1979 erfolgreich. 1993 leitet mit Pasang Lhamu Sherpa eine Frau die erste nepalische Frauenexpedition und stand am 22. April selbst auf dem Gipfel. Der erste, der zwei Mal in einer Saison den Gipfel erreicht hat (1995, 1999) war Babu Chiri Sherpa, und er war es auch, der am 21. Mai 2000 mit 16 Stunden und 56 Minuten den bis dahin schnellsten Anstieg für sich verbuchen konnte; Lhakpa Gelu Sherpa benötigte am 25. Mai 2003 dann nur noch 10 Stunden, 56 Minuten und 45 Sekunden und Pemba Dorje Sherpa erreichte 2004 sogar zweimal innerhalb von 5 Tagen den Gipfel. Der jüngste Gipfelmensch war lange Zeit Shabu Tamanh, er erreichte am 5. Mai 1973 den Gipfel und dieser Rekord hatte 18 Jahre lang Bestand. Dann folgte Temba Tshering Sherpa im Alter von 15 Jahren und 18 Tagen und dieser Rekord wurde 2 Jahre später, am 24. Mai 2003 von einem Mädchen gebrochen: Ming Kipa Sherpa erreichte mit genau 15 Jahren den Gipfel. Die meisten Aufstiege, es waren insgesamt 10, konnte zuerst Ang Rita Sherpa für sich verbuchen, er ging immer ohne Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff; ihm folgte Apa Sherpa mit insgesamt 13 Besteigungen, die letzte war am 26. Mai 2003. Mittlerweile übernachtet man dort, Babu Chiri Sherpa hat bereits insgesamt 21 Stunden auf dem Gipfel des Everest zugebracht (vgl. dazu insbes. Sherpa/Höivik 2003).
Ob die internationalen oder nationalen Rekorde, von denen man im Westen kaum etwas hört, angemessen beurteilt werden, wenn man sie mit unvorstellbar, großartig, wahnsinnig oder absurd kommentiert, bleibt eine offene, nicht uninteressante Frage, dasselbe gilt für die Einschätzung des Zusammenwirkens von Höchstleistungen und Kommerzialisierung des Höhebergsteigens, über deren Schattenseite insbesondere Jon Krakauer (1998; vgl. aber auch Kropp 1998) medienwirksam berichtet hat. Wo Krakauer aufgehört, setzt Maria Coffey (2005) fort und beschreibt die Auswirkungen von Besteigungsversuchen, die gescheitert sind auf diejenigen, die zuhause geblieben sind und gewartet haben.



– Gehen: Originalton, 50 sec. –



Raum


Weit weniger spektakulär ist Wandern oder Gehen als Abdruck und Ausdruck wie Malen oder Schreiben. Es stellt Abstand her, weckt Reserven, löst Verspannungen, erzeugt ein Gefühl für das eigene Körpergewicht, den Untergrund und die kommende Situation. Gehen macht deutlich, dass Körper und Geist nicht identisch sind, im Rhythmus aber eine Verbindung eingehen, in der wechselweise Körper wie Geist als das Eigene und das Fremde wahrgenommen wird (vgl. Giersch 1984). Ohne zu stolpern, aufrecht auf- und abzusteigen gelingt, wenn man auf seine Gliedmaßen hört, sie unterrichten über das rechte Verhältnis und jene Menge von Bewegungen, die gerade ausreichen. Ursprünglich war das Gliedmaß ein Maß für den Bau und die Länge, sprich die Gliederung des menschlichen und tierischen Leibes. An ihm ist nichts zuviel oder zu wenig. Diese vollkommenste aller Ordnungen also schafft, haltet und gibt ein Maß vor, das die Ausdehnung in Raum, Zeit und Kraft begrenzt und so die Art der Fortbewegung bestimmt. Gehen mäßigt. Beim Gehen im freien Gelände, wo kein Schritt dem anderen gleicht, spielt der Leib seine bestechendste Fähigkeit aus, die Variabilität und ruft mit ihr ein zweites Maß in Erinnerung, das Gleichmaß. Die Schritte sind, je steiler es wird, um so exakter dem Atem eingepasst und er richtet sich nach dem Schritt. Verliert man den Rhythmus und gerät ins Wanken, Stolpern oder Stürzen, stellt sich das erste Maß der Glieder als Maßstab der Überschreitung heraus. Ohne Überschreitung gibt es kein Gehen und ohne zu gehen wächst keiner über sich hinaus. So weist beispielsweise das Erregungsmuster der Muskeln bei den ersten freien Schritten eines Kleinkindes ein wirres Durcheinander auf
[1] und produziert unendlichen Stress, der erst nach cirka 40 Tagen, wenn die Beinchen sich effizient zu bewegen gelernt haben und das Orchester im Gehirn wieder harmonisch klingt, nachlässt und aufhört (vgl. Bachmann 1999, 26). Gehen lernen ist Schwerstarbeit, Gehen zu können menschlich und somit hybrid, d.h. vollkommen natürlich und zugleich ganz und gar kulturell. Damit nicht genug, Menschen können nicht nur bis an das Ende der Kultur gehen, Gehen schafft Kultur und Kunst auch - ein Beispiel.[2]



[1] An diesem Durcheinander sind der vordere Schienbein- und Zwillingsmuskel beteiligt, der breite und zweiköpfige Oberschenkel- sowie der große Gesäß- und Bauchmuskel und der Rückenstrecker.
[2] Dieses eine Beispiel müsste, was aber den Rahmen sprengt, durch viele andere erweitert werden. Erwähnen möchte ich dennoch und zumindest Not Vital mit seinem Carriola per l‛Everest von 1988 und die Installation samt Selbstexperiment mit dem Titel Boots for Climbing Piz Ajüs von 1991-92, aber auch Hamish Fulton, der behauptet, dass Wandern verwandelt und eine Art Magie ist. Aus Fultons Wanderungen sind unterschiedliche künstlerische Lösungen – fotografisch oder in Form konzeptioneller Dokumentationen – hervorgegangen, sie halten jeweils die Länge der Wanderung, Entfernungen und die genaue geografische und topografische Beschaffenheit des Gebietes als Zeichnung oder Wandmalerei fest wie beispielsweise SEVEN ROCKS 1996, NO TALKING FOR SEVEN DAYS 1993 oder ROCK FALL ECHO DUST 1988 (vgl. dazu Peskoller 2001, 70-96 und 176f; zur Ikonographie der Bergdarstellung unter dem Aspekt des Erhabenen Peskoller 2002; über Klettern als Selbstbildungsprozess Peskoller 2003; vgl. allgemein Von der Natur 1990, Alpenblick 1997, Die Schwerkraft 1997, Landschaft 1998, Ansichten 2001 oder Der Berg 2002)

Urs Breitenstein, Ohne Titel 2000. Schuhe des Künstlers, Mehl, 18 x 58 x 11,5cm

Welches Leben?


Die Berg-Pause war das erste, diese Mehl/Schuh-Arbeit das letzte Bild.[1] Es besteht aus einem auf Augenhöhe an die Wand montiertem, wenige Male getragenem Paar Schuhe, deren Sohlen, auf denen wir sonst auf dem Boden zu gehen pflegen, nach oben gedreht sind. Darauf wird das, was wir auf Wanderungen normalerweise zur Brotzeit mitnehmen als Mehl zu einem Gebirge gehäuft, das nun auf den Sohlen von Schuhen ruht, aus denen der Träger, wie in eine unbestimmte Abwesenheit herausgefallen zu sein scheint, während die Schnürsenkel frei hängend in ewigen Gründen wurzeln. So beschreibt der in Frankfurt lebende, Basler Künstler Urs Breitenstein seine 2000 entstandene Arbeit (vgl. Breitenstein 2002, 326).
Die Berg-Pause verdankt sich dem Fahrrad, die 1000 Kilometer von Lhasa nach Kathmandu wurden nicht ergangen, sondern abgerollt. Auf dieser Strecke mit Blick auf den Everest hat die Künstlerin bei Tageslicht im Zelt Entwürfe angefertigt und Fotos gemacht, von denen eines zuhause ausgewählt, eingelesen, der Umriss des Berges abgenommen, als Linie vergrößert und der Ausdruck mit einem Stanzeisen so bearbeitet wurde, dass Löcher von 0, 5 mm Durchmesser entstanden sind, die mit Graphitpigmenten in einem kleinen Stoffbeutel bestäubt wurden. Danach wurde der Lochpausenkarton vorsichtig abgenommen und die Spuren des verwischten Kohlenstaubs auf dem handgeschöpften Büttenpapier fixiert. Diese Paustechnik ist nicht neu, meines Wissens kam sie seit der Renaissance zur Anwendung, zwei bekannte Beispiele sind Luca Signorellis „Drei Reiter“ oder die Sixtinische Kapelle. Diente hier die Paustechnik nur als Hilfsmittel der Vergrößerung zur Übertragung des Gezeichneten auf eine Wand, die jeden Überblick nimmt, ist beim Everestbild das Gegenteil der Fall. Hier wurde nicht gepaust für eine Projektion, es ist weder eine Vergrößerung, noch eine Verkleinerung beabsichtigt, sondern die Arbeit hört auf halbem Weg mit einem Hilfsmittel, das schon die Zeichnung ist, auf.[2]
Vermessen und Pausen, Steigen, Wandern oder Gehen waren Annäherungen an ein Übermaß. Räume wurden zurück geholt, indem man sie wieder und anders in Gebrauch genommen hat und dieser Vorgang sollte an der größten Erderhebung deutlich gemacht werden. Diese Wahl hat aber auch einen persönlichen Grund, im vorletzten Sommer war ich selber dort. Nüchtern in Zahlen ausgedrückt bin ich insgesamt an die 600 km zu Fuß gegangen und habe dabei ca. 69.000 Höhenmeter in 66 Tagen überwunden, wobei die maximal erreichte Höhe weit über 6.000 Meter lag, weil dort der Berg, auf den ich solo stieg, zuende war. Doch weder dieser Gipfel, noch die Wegstrecke, das Auf und Ab oder die Dimension der Höhe haben mich zu einer besonderen Erkenntnis geführt, sie blieb wider Erwarten aus. Anstelle einer Erkenntnis hat etwas anderes stattgefunden. Im Gehen, könnte man mit François Jullien sagen, wurde abseits vom Glück mein Leben genährt. Das ist nicht viel, macht keinen Sinn, war aber auch nicht sinnlos. Was in der Tiefe „nähren“ meint, wäre eine Art Gesamtheit der Erfahrung wiederzuerlangen und zwar so weit, dass sich die Idee der Ziel- und Zweckbestimmung zurückzieht auf ein Minimum (vgl. Jullien 2006, 9). Oder anders gesagt, beim Gehen in der Höhe kam ich mit einem vom Druck des Sinns befreiten Leben in Kontakt, das, statt das Glück anzurufen, wandlungsfähig macht, die Kraft zu leben verfeinert und in Folge auch das eigene Denken überarbeitet hat, was in dieser fremden Kultur und Höhe ohnehin längst kein eigenes mehr war.
Langes Gehen in den Bergen profaniert[3] und orientiert. Orientierung meint hier die Ankunft im eigenen Leben ohne Aufschub oder auf Vorrat. [4] Der Maßstab des Gehens ist 1 : 1. Man vergrößert und verkleinert die Welt nicht, sondern lässt sie dort, wo sie ist. Investiert wird in den Verlust: Das Reden fällt schwer, Denken auch und die Bilder innen weichen einer Wirklichkeit außen, die angreift aber nicht entkräftet. Mit den Füßen, die jemand benützt, kommt etwas von diesem Körper zurück und mit ihm ein Denken, das nie mehr ohne Körper geht.
Wenn man dann endlich einmal mit dem Körper denkt, das Denken stiller und der Behälter leer geworden ist, kommt mit der Absenz der Gedanken die Angst, dass nach der Rückkehr die Gedanken ausbleiben, keiner davon mehr zu gebrauchen oder zu erinnern ist. Diese Angst ist weder unbegründet noch bodenlos, aber sie gestaltet sich schwieriger als Gehen,[5] jetzt noch.


[1] Ein Nachtrag: Urs Breitenstein wurde 1951 in Basel geboren, 1970/71 Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik an der Universität Basel, 1972-76 Schule für Gestaltung in Basel, Ausstellungen. Literatur: Frankfurter Kreuz. Tranformationen des Alltäglichen in der zeitgenössischen Kunst. Ausstellungskatalog Schirn Kunsthalle Frankfurt. Ostfildern-Ruit 2001
[2] In krassem Gegensatz dazu stand zeitgleich das mit 3000 Quadtratmetern weltweit größte 3600- Panorama vom Everest. Es wurde vom in Berlin lebenden Architekten und Künstler Yadegar Asis mit Hilfe komplizierter Übertragungstechniken entwickelt und im stillgelegten Gasometer der Stadtwerke Leipzig mit einem Durchmesser von 55 Meter und über eine Höhe von 35 Meter aufgehängt. Das übergroße Everestpanorama hat in Folge mehr als 300.000 BesucherInnen angezogen, die in die schwindelerregende Illusion versetzt wurden, am Khumbu Eisfall zu stehen mit einem atemberaubende Blick in die zerklüftete Welt des Himalaya.

[3] Profanieren meint ursprünglich, dass das, was zuerst heilig und religiös und mithin dem allgemeinen Gebrauch entzogen war, wieder in die Verwendung und in den Besitz der Menschen gelangt (vgl. Agamben 2005). Berge, insbesondere so ein hoher wie der Mount Everest, sind immer auch, unabhängig davon, wie viele Menschen schon dort gewesen sind, Orte der Absonderung und bewahren als solche einen genuin religiöser Kern in sich, der einen, begibt man sich in diese abgesonderte Sphäre, zwangsläufig berührt. Absonderungen sind daher mit Erfahrungen der Selbstfremdheit und Angst durch Maßlosigkeit verbunden, der man sich nicht entziehen kann und womit ein Umgang gefunden werden muss (vgl. in historischer Perspektive dazu Böhme 1989). Etwas vom Übermaß, auf das unvermittelt dort trifft und etwas von der eigenen Maßlosigkeit, die einen bewogen hat, hinaus zu gehen, müsste diesen besonderen Orten bevor und nachdem man sie verlässt zurück erstattet werden, im Interesse der eigenen Sicherheit (vgl. Peskoller 2004)
[4] Angespielt wird hier auf ein Gehen, das im Unterschied zum virtuellen Leben keine leere Gegenwart erzwingt (vgl. Kamper 1998, 266), sondern Vorstellungen und Bilder, die im Kern Illusionen sind, zerreibt und stattdessen Körperpräsenz erzeugt (vgl. skeptisch dazu Kamper 1995, insbes. 113-148 und theoretisch Suthor/Fischer-Lichte 2006)
[5] Abschließend wie unvermeidlich ein Thomas Bernhard Zitat: „Wir können nicht sagen, wir denken, wie wir gehen, wie wir nicht sagen können, wir gehen, wie wir denken, weil wir nicht gehen können, wie wir denken, nicht denken, wie wir gehen“ (Bernhard 1971, 85)

[1] Ein Nachtrag: Urs Breitenstein wurde 1951 in Basel geboren, 1970/71 Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Germanistik an der Universität Basel, 1972-76 Schule für Gestaltung in Basel, Ausstellungen. Literatur: Frankfurter Kreuz. Tranformationen des Alltäglichen in der zeitgenössischen Kunst. Ausstellungskatalog Schirn Kunsthalle Frankfurt. Ostfildern-Ruit 2001
[2] In krassem Gegensatz dazu stand zeitgleich das mit 3000 Quadtratmetern weltweit größte 3600- Panorama vom Everest. Es wurde vom in Berlin lebenden Architekten und Künstler Yadegar Asis mit Hilfe komplizierter Übertragungstechniken entwickelt und im stillgelegten Gasometer der Stadtwerke Leipzig mit einem Durchmesser von 55 Meter und über eine Höhe von 35 Meter aufgehängt. Das übergroße Everestpanorama hat in Folge mehr als 300.000 BesucherInnen angezogen, die in die schwindelerregende Illusion versetzt wurden, am Khumbu Eisfall zu stehen mit einem atemberaubende Blick in die zerklüftete Welt des Himalaya.
[3] Profanieren meint ursprünglich, dass das, was zuerst heilig und religiös und mithin dem allgemeinen Gebrauch entzogen war, wieder in die Verwendung und in den Besitz der Menschen gelangt (vgl. Agamben 2005). Berge, insbesondere so ein hoher wie der Mount Everest, sind immer auch, unabhängig davon, wie viele Menschen schon dort gewesen sind, Orte der Absonderung und bewahren als solche einen genuin religiöser Kern in sich, der einen, begibt man sich in diese abgesonderte Sphäre, zwangsläufig berührt. Absonderungen sind daher mit Erfahrungen der Selbstfremdheit und Angst durch Maßlosigkeit verbunden, der man sich nicht entziehen kann und womit ein Umgang gefunden werden muss (vgl. in historischer Perspektive dazu Böhme 1989). Etwas vom Übermaß, auf das unvermittelt dort trifft und etwas von der eigenen Maßlosigkeit, die einen bewogen hat, hinaus zu gehen, müsste diesen besonderen Orten bevor und nachdem man sie verlässt zurück erstattet werden, im Interesse der eigenen Sicherheit (vgl. Peskoller 2004)
[4] Angespielt wird hier auf ein Gehen, das im Unterschied zum virtuellen Leben keine leere Gegenwart erzwingt (vgl. Kamper 1998, 266), sondern Vorstellungen und Bilder, die im Kern Illusionen sind, zerreibt und stattdessen Körperpräsenz erzeugt (vgl. skeptisch dazu Kamper 1995, insbes. 113-148 und theoretisch Suthor/Fischer-Lichte 2006)
[5] Abschließend wie unvermeidlich ein Thomas Bernhard Zitat: „Wir können nicht sagen, wir denken, wie wir gehen, wie wir nicht sagen können, wir gehen, wie wir denken, weil wir nicht gehen können, wie wir denken, nicht denken, wie wir gehen“ (Bernhard 1971, 85)

Literatur
- Agamben, Giorgio (2005): Profanierungen. edition suhrkamp: Frankfurt am Main.
- Alpenblick. Die zeitgenössische Kunst und das Alpine. trans alpin 2. Katalog zur Ausstellung vom 31. Oktober 1997 bis 1. Februar 1998 in der Kunsthalle Wien. Hgg. von Wolfgang Kos. Stroemfeld/Roter Stern: Frankfurt am Main 1997.
- Ansichten vom Berg. Der Wandel eines Motivs in der Druckgrafik von Dürer bis Heckel. Aus der Sammlung des Alpinen Museums des Deutschen Alpenvereins, München. Hgg. von Robert Stalla. Deutscher Kunstverlag: München, Berlin 2001.
- Bataille, George (1975), Das theoretische Werk. Band 1: Die Aufhebung der Ökonomie. Hgg. von Gerd Bergfleth. Rogner & Bernhard: München (Erstausgabe im franz. Original 1967).
- Bernhard, Thomas (1971): Gehen. Suhrkamp: Frankfurt am Main.
- Böhme, Hartmut (1989): Das Steinerne. Anmerkungen zur Theorie des Erhabenen aus dem Blick des „Menschenfremdesten“. In: Pries 1989, 119-141.
- Breitenstein, Urs (2000): Ohne Titel 2000. In: Der Berg 2002, 326.
- Coffey, Maria (2005): extrem. Glück und Gefahr des Bergsteigens. Piper: München (im Original: Where the Mountain Casts ist Shadow. The Dark Side of Extreme Adventure, 2003).
- Der Berg. Begleitpublikation zur Ausstellung Der Berg vom 20. Oktober 2002 bis 19. Januar 2003. Hgg. von Hans Gercke. Heidelberger Kunstverein. Kehrer Verlag: Heidelberg 2002.
- Die Schwerkraft der Berge. 1774 - 1997. trans alpin 1. Katalog zur Ausstellung im Aargauer Kunsthaus Aarau vom 15. Juni bis 24. August 1997 und der Kusnthalle Krems vom 7. September bis 23. November 1997. Hgg. von Stefan Kunz, Beat Wismer und Wolfgang Denk. Stroemfeld/Roter Stern: Frankfurt am Main 1997.
- Everest. 50 Yeras on the Mountain. Nepal. National Geographic Channel. DVD-Video, Farbe, 90 Min.
- Fröhlich, Volker/Stenger, Ursula (Hg.), Das Unsichtbare sichtbar machen. Bildungsprozesse und Subjektgenese durch Bilder und Geschichten. Juventa: Weinheim, München 2003.
- Giersch, Ulrich (1984): Der gemessene Schritt als Sinn des Körpers: Gehkünste und Kunstgänge. In: Kamper, Dietmar/Wulf, Christoph 1984, 261-275.
- Jullien, François (2006): Sein Leben nähren. Abseits vom Glück. Merve: Berlin.
- Kamper, Dietmar/Wulf, Christoph (Hg.): Das Schwinden der Sinne. edition suhrkamp: Frankfurt am Main 1984.
- Kamper, Dietmar (1995): Unmögliche Gegenwart. Zur Theorie der Phantasie. Fink: München.
- Kamper, Dietmar: „Ultra“. IN: Paragrana. Internat. Zeitschrift für Historische Anthropologie. Jenseits. Band 7 (1998), Heft 2, 266-277.
- Kamper, Dietmar (2001): Horizontwechsel. Fink: München.
- Krakauer, Jon (1998): In eisige Höhen. Das Drama am Mount Everest. Piper: München (im engl. Original 1997).
- Kropp, Göran (1998): Allein auf dem Everest. Meine dramatische Solo-Expedition auf den höchsten Berg der Welt. Goldmann: München.
- Landschaft. Die Spur des Sublimen. Katalog zur Ausstellung in der Kunsthalle zu Kiel vom 18.1. bis 1.3.1998. Hgg. von Hans-Werner Schmid und Ute Riese. Kerber Verlag: Bielefeld 1998.
- Messner, Reinhold (1981): Der gläserne Horizont. BLV: München.
- Messner, Reinhold (20022): Mallorys zweiter Tod. Das Everest-Rätsel und die Antwort. BLV: München (Erstausgabe 1999).
- Messner, Reinhold (2003): Mount Everest. Expedition zum Endpunkt. BLV: München.
- Norgay, Jamling Tenzing, Auf den Spuren meines Vaters. Die Sherpas und der Everest. W. Heyne Verlag: München 2003 (amerikan. Originalausgabe 2001)
- Peskoller, Helga, BergDenken. Eine Kulturgeschichte der Höhe. Eichbauer: Wien 19993 (Erstausgabe 1997).
- Peskoller, Helga (2000): 1 cm – Zur Grenze der Beweglichkeit. IN: Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie. Metaphern des Unmöglichen. Band 9 (2000), Heft 1, 107-116.
- Peskoller, Helga (2001): extrem. Böhlau: Wien, Köln, Weimar
- Peskoller, Helga (2002): 180o – Wendungen des Erhabenen. In: Schöne Aussicht/Bella Vista. 2002, 140-163.
- Peskoller, Helga (2003): Wand-Bild. In: Fröhlich/Stenger 2003, 141-155.
- Peskoller, Helga (2004): Abstieg und Rückkehr. Das Animalische religiöser Erfahrung als Blickgeschehen. In: Wulf/Macha/Liebau 2004, 370-381.
- Peskoller, Helga (2007): vermessen. In: Schuhmacher-Chilla/Wirxel 2007, 81-92.
- Peskoller, Helga, Wenn Berge Kulisse sind: Konkurrenz und Medien. In. AV-Jahrbuch Berg 2008, 30-41.
- Pries, Christine (Hg.): Das Erhabene. Zwischen Grenzerfahrung und Größenwahn. VCH, Acta Humaniora: Weinheim 1989.
- Schöne Aussicht./Bella Vista. Der Blick auf die Berge von Segantini bis Weinberger. Katalog zur Ausstellung vom 14. November 2002 bis 9. März 2003 in Meran. Folio: Bozen, Wien 2002.
- Schuhmacher-Chilla, Doris/Wirxel, Julia (Hg.), Maß oder Maßlosigkeit. Kunst und Kultur in der Gegenwart. Athena: Oberhausen 2007
- Suthor, Nicola/Fischer-Lichte, Erika (Hg.): Verklärte Körper. Ästhetiken der Transfiguration. Fink: München 2006.
- Sherpa, Ang Rita/ Höivik, Susan (Hg.), Triumph on Everest. A Tribute from the Sherpas of Nepal. Mandala Book Point: Kathmandu 2003.
- Von der Natur in der Kunst. Katalog zur Ausstellung vom 3. Mai bis 15. Juli 1990 im Wiener Messepalast. Hgg. von Peter Weiermair. Wiener Festwochen: Wien 1990.
- Wulf, Christoph/Macha, Hildegard/Liebau, Eckart (Hg.): Formen des Religiösen. Pädagogisch-anthropologische Annäherungen. Beltz Wissenschaft: Weinheim, Basel 2004.

Dienstag, 24. Juni 2008

Agenda


Foto: Florian Riccabona




vom 14. - 20 Juli könnt ihr mir ein 1.mal in St. Antönien begegnen!

Donnerstag, 19. Juni 2008

der Vortrag

kunst die wissen schafft / vorträge, workshops, seminare

g e h e n

Samstag, 19. Juli 2008 20.15 Uhr im Schulhaus CH-7246 St.Antönien GR

Zuerst geht es um die Kunst: Martina Tscherni paust den Mount Everest von Norden, der tibetischen Seite aus gesehen. Urs Breitenstein hingegen häuft kleine weiße Berge aus Mehl auf seine Schuhsohlen. Dazwischen sieht man winzige Punkte auf einer riesigen Fläche, über die der Wind den Schnee streicht. Am Ende geht es ums Gehen und hinter dem Gehen steht die Frage: Welches Leben?
Benutzen sie diese Gelegenheit für ein Wochenende im Berghaus Sulzfluh. Die Gäste, welche mit dem ÖV anreisen, werden vom Vortrag abgeholt und nach Partnun chauffiert. Sie wohnen im gleichen Haus wie Helga Peskoller und können am nächsten Morgen mit ihr frühstücken. Der Preis ist Fr. 75.- pro Person. (im Nostalgie-Doppelzimmer mit Frühstück im Berghaus Sulzfluh und Abholdienst ab St.Antönien) Reservation unter: http://www.sulzfluh.ch/

Donnerstag, 12. Juni 2008

das Meisterwerk in derLaden in Klosters

von Helga Peskoller als Teilgeberin eines "Abdrucks von St.Antönien".

Das Werk enthält:

  • ein Interview zur Einführung unter dem Titel " Ich bin ein Berg". (aus : Welt des Wissens, Nov. 2007 S82-85)
  • einen Essay über ein Biwak.Zustände des Untätigseins. (in PARAGRAMA, Band 16, Heft 1 Thema Musse, S113-125)
  • eine DVD über den Vortrag vermessen samt Diskussion an der Kunstschule Wetzikon, mai 2007.
  • das vergriffene Buch BergDenken. Ein Klturgeschichte der Höhe. (Eichbauer Verlag 2099, 3.Auflage)
  • Das Angebot,für eine stille Wanderung mit der Bergdenkerin am 18.Juli 2008 von St.Antönien aus mit einer Marende (=Jause/Picknick) draussen oben auf einem schöne Fleck.
  • dies alles zum Preis von nur SFr. 750.--
  • InteressentInnen melden sich unter pt@diehasena.ch

Mittwoch, 11. Juni 2008

die Künstlerin



Helga Peskoller

ihre Gastgeber
Bergasthaus Sulzfluh
http://www.sulzfluh.ch/
Käthi Meier und Ernst Flütsch,


Ein Abdruck von St. Antönien
ein Entwurf

Das Projekt fängt mit Gehen an. Im Gehen entsteht der Ort und seine Umgebung langsam. Der Maßstab des Gehens ist 1 : 1, weshalb die Dinge bleiben wie und wo sie sind, nur die Wege tragen sich ein, Schritt für Schritt auf den Fußsohlen.

Was Fußsohlen und Wege verbindet, ist der Abdruck. Er verhält sich wie ein Kuss. Man spürt ihn, er tönt und ist plastisch wie ein Relief, Bild oder Objekt. Zudem sind Abdrücke Archive, sie verwahren was ergangen wurde.

Jeder Abdruck setzt einen neuen Anfang, den Anfang von Erfahrung. Ursprünglich verstand man unter Erfahrung reisen, d.h. aufzubrechen und von einem Ort zum anderen zu ziehen, ohne sich irgendwo länger aufzuhalten. Und nur wer bewandert und somit geübt im Unterscheiden war, galt als erfahren.

Beim Wandern trifft man auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Dinge. Sie erzählen auf ihre ganz besondere Weise und finden Gehör. Das Gehör schafft Durchgänge zum anderen. Sie gestalten sich aber wie die Bogengänge hinter dem Ohr, labyrinthisch. Daher erinnert Hören im Gehen das Paradies.

Niemand kann im Voraus wissen, was beim Gehen tatsächlich geschieht oder ausbleibt. Aus diesem Grund ist das Konzept des Projekts radikal offen angelegt. Bedeutung erlangt, was sich durch Gehen, Wandern und Steigen anbahnt und ereignet; alles andere ist auch gewesen, aber zieht rasch, wie spurlos vorbei.

Was bleibt, ist ein Abdruck von St. Antönien als Ausdruck einer umfassenden Kartographie, die sich dem Praxissinn des Gehens verdankt. In ihn sind die Körper und ihre Bewegungen immer schon hinein vermischt. Gehen spricht über eine soziale Wirklichkeit, die es mit erzeugt und einsortiert in eine besondere Ordnung des Wissens.

Deshalb ist das Projekt mehrfach verspannt wie z.B. in die Praktik des Gehens, in Formen des Vermittelns, der Kommunikation, Interaktion und des Schweigens, in die Topographie und Materialität des Ortes, in die Zeitlichkeit seiner Geschichte und erzählten Geschichten. Das trägt zur subjektiven Absicherung und zur Entsicherung bei.
Wie heißt es auf dem Prospekt: St. Antönien hinter dem Mond, links – und das klingt nicht nur ungefährlich.